Volunteering Projektbericht | Woche 20.-26. März 2023

In dieser Woche standen die Prüfungen unserer Kinder an, und die Anspannung war bei mir fast größer als bei den Kindern. Die gingen nach wie vor um kurz nach 9h zur Schule, Frank und ich begleiteten sie täglich die halbe Strecke, „half way“. Nachdem schon am Samstag das Lied ‚My Bonnie‘ ein großer Erfolg war, gingen wir nun jeden Tag mit unseren Kindern durch den Himalaya und sangen ein schottisches Seemannslied. Spaß hatten wir alle dabei. Die Kinder kamen gegen 14h aus der Schule zurück und machten sich gleich daran, für den kommenden Tag zu lernen, es standen insgesamt 6 Prüfungen an in Nepali, Englisch und Mathe sowie Social Studies and Science, Health und ‚Local Subject‘, bei uns ist das Langtang. Nur die 3 Kleinen aus der 1. und 2. Klasse hatten 5 Prüfungen und waren den letzten Tag bei mir. Am Sonntag war dann die letzte Prüfung geschafft. Die Kinder wurden geduscht und ihre Sachen gepackt, abends wollten wir den Abschied von den Kindern und von Frank feiern, der ebenfalls am Montag zurück nach Kathmandu ging. Schon seit einigen Tagen gab es immer wieder schwere Regenfälle und Gewitter, so auch am Sonntag – und auch am Sonntag gab es einen langen Stromausfall, der erst am kommenden Tag behoben werden konnte.  Also saßen wir abends im Dunkeln zusammen, aßen ein typisch tibetisches Gericht – schon beim Anbraten merkte man, wieviel Chilli drin ist! – im Anschluss gab es einen Kuchen und Tänze von den Kindern. 

Am Montag hatten Frank, Dawa und ich früh einen Termin mit dem Bürgermeister von Syaphru Besi, wir hatten einige Fragen zur Schule von Khamjing und zur Bevölkerung in unserem Einzugsbereich. Das Gespräch verlief sehr freundlich, einiges konnte geklärt werden. Dann gab es einen schnellen Abschied von Frank, ich wollte schnell zurück zu den Kindern, die von Ihren Eltern vormittags abgeholt wurden, und dabei wurden ja auch unsere beiden ‚Großen‘ verabschiedet, für die es ab April in Kathmandu weiter geht. Die Zeugnisse von allen Kindern sind wirklich hervorragend, die Lehrer leisten hier einen tollen Job! Es gab noch einmal viele Umarmungen und Küsse bevor die ganze Gruppe aus Kindern und Eltern den – teilweise doch recht langen und beschwerlichen – Heimweg antrat und eine wohl recht verloren wirkende Volontärin zurück ließ. Jedenfalls wurde ich von meinen Gastgebern und Wirten geschnappt und alle zusammen saßen wir in der Küche und haben ausgiebig gegessen, es gab Dal Bhat und fröhliche Gespräche. 

Natürlich habe ich den Projektleiter Dawa in der Woche auch noch auf seinen Touren begleitet, was mich mit unter zutiefst beeindruckt hat. Am Dienstag stand eine mobile Augenklinik an, die im Nachbarort Bridim abgehalten wurde. Hier kamen vor allem ältere Menschen aus den umliegenden Dörfern zusammen um sich auf Katarakt untersuchen zu lassen. Wir haben die Health Assistants einer der größten Augenkliniken Nepals unten im Tal abgeholt und sind gemeinsam zur Gompa von Briddim gefahren, wo die Klinik stattfinden sollte. In Briddim angekommen gab es – erstmal Tee und etwas zu essen. Ohne das geht in Nepal nicht viel, das sollte mir noch diverse Male begegnen. Im Anschluss trafen dann auch die Mitarbeiter der verschiedenen, umliegenden Healthposts ein und alles wurde aufgebaut. Der Ablauf war recht klar: zuerst gab es eine Anmeldung, der Patient bekam einen Laufzettel. Dann wurde die Sehstärke an einer Tafel geklärt und auf dem Laufzettel vermerkt, bevor es zur genaueren Untersuchung weiter ging. Bei den insgesamt gut 40 Patienten wurden 5 für eine Katarakt-OP eingetragen, es wurden verschiedene Augentropfen und auch Brillen verteilt. Für die Menschen ist eine solche mobile Untersuchung wichtig, da die meisten Patienten doch schon recht alt waren und sicherlich nicht einfach so mal nach Dhunche zur Untersuchung gekommen wären, nicht nur, weil der Weg weit und sehr beschwerlich ist, auch scheint mir die Hemmschwelle, zu einem Arzt zu gehen, doch wesentlich höher zu sein als bei uns. Die beiden Damen, die die mobile Augenklinik dieses Mal machen, sind einen ganzen Monat unterwegs und fahren so über die Dörfer. Wir haben sie am Ende des Tages wieder zurück gebracht in ihr Zwischenquartier auf der anderen Talseite.

 

Am beeindruckendsten für mich war diese Woche aber die Begleitung eines Krankentransports, aus verschiedenen Gründen. Wir hatten 4 Anmeldungen für Kontrolltermine im Krankenhaus Dhunche aus Golsung. Früh morgens sind wir bei Regen los gefahren, um rechtzeitig in Golsung zu sein, das auch wieder auf der gegenüberliegenden Talseite, den Berg hoch liegt. Dort angekommen ging dann alles in Nepali Time. Der Jeep wurde geparkt und wir wurden in ein Haus eingeladen, um bei Tee zu warten. Nach kurzer Zeit sind wir dann in ein anderes Haus umgezogen, auch hier gab es wieder Tee, und langsam trudelten unsere Patienten ein. Als wir vollzählig waren ging es zurück zum Jeep, auf dem Weg dorthin begleiteten uns immer mehr Kinder in roter Schuluniform, die dann auch kichernd aber recht selbstverständlich mit einstiegen. Übervoll ging es dann über die sehr ausgefahrene ‚Straße‘, die mit viel groben Steinen durchsetzt war, zurück ins Tal. Vorbei an noch mehr Kindern in Schuluniform. Wir halten an, eine Tür wurde geöffnet und die Gruppe stieg ein, stand nun zwischen den Sitzen und war hörbar begeistert. Unten angekommen, wo die Schule war, ging die Tür auf und 10 Kinder stiegen aus, fröhlich ihren Kameraden zuwinkend – sie waren um die 20-30 Minuten steilen Abstieg herumgekommen! Für unsere 4 Patienten ging es dann zum Krankenhaus in Dhunche, eine weiterhin recht ruckelige Fahrt, aber Richtung Stadt, also hinter Syaphru Besi, wurde die Straße etwas besser und es ging zügig voran. Nachdem die Patienten zur Ambulanz begleitet waren und Dawa die Anmeldung erledigt hatte gab es für uns erstmal etwas zu Essen, Momos! Da ich ohne Frühstück, mit nur ein paar Keksen und Black Coffee um 6h gestartet bin tat mir das Mittagessen um 11h sehr gut, danach ging es in die Stadt für einige Besorgungen, bevor wir die Patienten wieder einsammelten. Außerdem hatte Dawa unterwegs noch ein befreundetes Ehepaar mit Baby getroffen, die aus der Nähe von Golsung kamen, wir nahmen sie mit zurück. Die Abfahrt verzögerte sich dann noch eine längere Zeit, mal brauchte der eine noch etwas, mal der andere, immer kam man bepackt mit Tüten zurück. Klar, wenn man schon einmal in der Stadt ist kann man da auch notwendige Besorgungen erledigen. Die ganze Zeit saß die Mutter hinter mir und war recht still. Dann erzählte mir Dawa, dass das Kind 3 Tage alt ist, die Mutter hatte frisch entbunden. Hätten sie uns nicht getroffen wären sie per Bus zurück gefahren, der sehr unbequem ist und auch sehr unangenehm zu fahren, die Straßen sind ja – wie mehrfach erwähnt – nicht eben ein Spaß zu fahren. Aber 3 Tage nach der Entbindung über Stunden zu sitzen, in einem vollen Bus hin und her geschaukelt zu werden und immer wieder über große Steine zu fahren, das möchte ich mir nicht vorstellen, für die Mutter hinter mir ist es Realität. Wie viele Kinder hat sie, fragte ich Dawa. ‚6 children, 3 have died‘ Die Mutter strahlte glücklich ihr Kind an, dann mich und zeigte mit Stolz ihr Baby. Ein wunderschönes, verrunzeltes, frisches Gesicht, das gar nicht anders aussieht als ein deutsches Baby. Und doch ist das Leben hier geprägt von harter Arbeit und Entbehrung. Auf dem Weg zurück nach Golsung fragte Dawa mich ‚Long and easy road or short and very bumpy?‘ ‚Take the easy one, please, you have a new mother on board. She will apreciate not being shaken too much.‘ Als wir am späten Nachmittag die Patienten in Golsung abgeliefert haben ging es dann wieder den Berg runter und auf der anderen Seite hoch zum Dorf der kleinen Familie im Jeep. Die Straße wurde immer schlechter, wir setzten auf und standen bedenklich schief, irgendwann ging es nicht mehr und die Familie musste die letzten 10 Minuten zu Fuß zurücklegen. Den Berg runter ging mir vieles durch den Kopf, eine dringende Bitte formulierte sich aber langsam. Ich merkte, dass Dawa langsam müde wurde, versuchte, mit meiner Notfallreserve Schokolade zu helfen. Wieder in Khangjim angekommen erwartete uns Frank schon in der Küche von Pasang, unserer Wirtin. Spaghetti für alle, danach ein Snickers Momo (in Teig gewickeltes, frittiertes Snickers), mehr ging an dem Tag nicht mehr.

Am nächsten Tag sind wir zu dritt ein wenig gewandert, gleich bei der ersten Pause konnte ich mein Anliegen von gestern meinen beiden Chefs unterbreiten: der Transport nach Dhunche zur Entbindung und zurück sollte Teil der Krankentransporte von HiCos und Nepal Aid sein, keine Mutter sollte solche Strapazen auf sich nehmen müssen, die eine Busfahrt hier bedeutet. Dass dieser Bitte ohne Fragen nachgekommen werden soll, darüber freue ich mich sehr und bin sehr gespannt, wie meine nächste Woche, so ganz ohne Kinder, nun werden wird.