Back to Nepal

Nachdem ich letztes Jahr meine Freiwilligenarbeit zur allgemeinen Zufriedenheit erledigt habe und eine Beförderung als festes Mitglied in den Verein Nepal Aid e.V. erhalten habe, darf ich dieses Jahr wieder nach Nepal fliegen um ‚nach dem Rechten‘ zu sehen, die Zusammenarbeit zu stärken und zielgenaue Hilfe und Weiterentwicklung zu gewährleisten. Ich freue mich unglaublich!

Ich freue mich auf dieses Land, das an landschaftlicher Schönheit sicherlich ganz oben mitspielt, in dem unglaublich warmherzige und fröhliche Menschen leben, und das aufgrund seiner anderen Zeitwahrnehmung das wahrscheinlich beste Mittel gegen Burn-out ist, das man sich vorstellen kann. ‚Slowly, slowly‘ – ich erinnere mich voller Begeisterung an den anderen Lebenstakt, der dem deutschen Gast zunächst etwas Geduld abverlangt, aber den Raum gestattet, das hier und jetzt zu erleben. Ich sitze in meinem deutschen Büro, in einem Arbeitsalltag voller Hektik und Zeitdruck, und reagiere sehr gelassen in Erwartung meines angestammten Platzes, morgens gegen 10h auf der Terrasse vor unserem Kinderheim, mit Kami und einer Tasse Tee. Der immer-gleiche Ablauf hier ist ok, ich habe mit Dawa bereits besprochen, dass wir den einen oder anderen Trip auf die andere Bergseite mit dem Motorrad erledigen werden, das geht schneller als mit dem großen Jeep, und ich freue mich auf dieses kleine Abenteuer. Und wenn es wieder das gleiche Essen in der Kantine gibt, stelle ich mir Pasangs Küche vor und sehe die Momos, das Dal Bhat und Tibetian Bread schon vor mir! Und natürlich freue ich mich auf unsere Kinder! Ich überlege, was ich hier aus Deutschland mitbringen kann. Eigentlich nichts, wir möchten das Deutsche nicht einführen, sondern das nepalesische stärken. Aber so ganz kann ich dann doch nicht aus meiner Haut, ich sehe meine Kleinen vor mit ‚How do you live?‘ – ‚What do you eat?‘ ‚Why don’t you celebrate Lhosar??‘ Und ich weiß um die kleinen Nischen im Alltag, in denen die Kinder, die ihr Leben als Gruppe verbringen, alles gemeinsam besitzen, versuchen, ihre Individualität zu behalten.

Also richte ich für jedes Kind eine kleine Tüte mit seinem Namen drauf, rein kommt ein schöner Bleistift, ein cooler Radiergummi und ein Spitzer ‚mit Häuschen‘, die Kinder hatten nur offene Spitzer und mussten jedes Mal über dem Papierkorb stehen. Außerdem eine kleine Dose Niveacreme, die war letztes Jahr ein wichtiger Teil unseres Abendrituals, und zwei Schokobons. Als ich die jeweiligen Namen auf die Tüten schreibe, denke ich an die Kinder. Palmu kommt dieses Jahr nach Kathmandu in die weiterführende Schule, sie wird das bestimmt sehr toll machen! Ob Ngawangs Zähne wohl schon ausgefallen sind? Wenn nicht muss er dringend nochmal zum Zahnarzt, seine Karies wurde das letzte Mal nicht behandelt, da er die Zähne sehr bald verlieren sollte. Und um Archana mache ich mir Sorgen, ihr letztes Zeugnis war nicht so gut, wenn sich das nicht dramatisch gebessert hat, erreicht sie das Klassenziel nicht. Eine Klasse zu wiederholen wird in Nepal aber als große Schande gesehen, und lieber wird ein Kind durchgewunken. Ich muss mit dem Schulleiter und mit unserem Englischlehrer sprechen! Außerdem brauche ich einen Termin in der weiterführenden Schule in Kathmandu. Ich möchte unsere großen Kinder besuchen – für sie habe ich je ein hübsches Paar Socken, die sind normalerweise recht löchrig und Ersatz tut bestimmt gut! – und mit dem Schulleiter sprechen. Die schulischen Leistungen der beiden Mädchen sind toll, ich möchte gerne, dass sie an einer der teils kostenpflichtigen AGs teilnehmen dürfen, sie sollen sich ein Hobby aussuchen! Einige Dinge muss ich außerdem in Kathmandu besorgen, bevor es weitergeht nach Khamjing, in die Berge. Und dort brauche ich dann ein Treffen mit dem Bürgermeister, es geht um die Weiterentwicklung der Schule vor Ort, und allgemein um den Austausch, sehen ob und wo wir helfen können. Schließlich müssen wir in 2 Trips mit den Kindern nach Dhunche, ins Bezirkskrankenhaus. Die jährliche Zahnkontrolle steht an, außerdem soll dieses Jahr das Seh- und Hörvermögen der Kinder untersucht werden.

Und dann gibt es ja noch die eigentlichen Reisevorbereitungen. Alle Impfungen up-to-date? Japanische Enzephalitis ist dieses Jahr schwer zu bekommen und hat einige Monate Lieferzeit, also früh beginnen. Reisepass? Wo ist eigentlich mein Wasserfilter, ohne den ich dort kein Wasser trinken kann, auch Zähneputzen ist mit dem Leitungswasser nicht zu empfehlen. Ich habe den Kopf recht voll, zwischendrin gibt es immer wieder Videomeetings mit Frank und Dawa. Und so rückt der Tag der Abreise immer näher. Dieses Mal weiß ich, wo hin fliege, und ich freue mich wahnsinnig, alle wiederzusehen! Aber mir kommen auch zunehmend die nicht so tollen Gegebenheiten wieder in den Sinn. Ich erinnere mich, wie erleichtert ich war, als ich das erste Mal in Deutschland wieder Leitungswasser nutzen konnte, ohne dieses ständige gefiltere. Und die Kälte!! Ich hab mir gleich nochmal lange Merino-Unterzieher gekauft, die steif gefrorenen Finger, die mir von Kami gewärmt wurden, sind mir noch sehr präsent. Merino hilft aber nicht morgens, wenn man aus dem Schlafsack raus muss. Und dann gibt es ja 1x die Woche Fleisch. Am Knochen, die Sehnen hängen dran und lauter Zeug, das ich in dem schummerigen Licht nie identifizieren konnte. Aber Fleisch ist teuer in Nepal, und ich durfte mitessen, also muss ich dieses Mal versuchen, den Knochen ganz blank zu essen. Kopf ausschalten. Auch bei der Cola, die ich in dreckig-stumpfen Gläsern strahlend angeboten bekomme. ‚It is rude if you don’t eat and drink, what the offer you!‘ Ja Dawa, ich bin vorbereitet und werde immer freundlich lächeln. Die tollen Menschen wiegen diese wenigen Unannehmlichkeiten auf, und es bleibt dabei: Ich freue mich wahnsinnig auf Nepal!