1. Projektbericht 2024

Endlich ist es wieder soweit, es ist der 4. März und ich lande in Kathmandu. Ich habe mich das ganze Jahr darauf gefreut, ich bekomme meinen Stempel in den Pass und darf einreisen. Vor dem Flughafengebäude wartet meine Freundin Chhiring.  Wir haben uns letztes Jahr kennengelernt, uns verbindet so Einiges, und so waren wir das ganze Jahr in Kontakt via WhatsApp. Als Chhiring hörte, dass ich wieder komme, hat sie sich den Tag frei genommen, und so haben wir etwas Zeit für uns. Meinen Koffer bringe ich schnell ins Hotel, dann fahren wir weiter. Chhiring wohnt im Stadtteil Boudha, der von dem UNESCO Weltkulturerbe der Bodinath Stupa geprägt ist. Strahlend weiß und sehr erhaben ragt sie vor uns auf, ich bin immer wieder ganz ergriffen von diesem heiligen Gebäude. Wir schließen uns den vielen Pilgern an und laufen ein Mal im Uhrzeigersinn um die Stupa herum und zünden jede 3 Butterlampen im Inneren der Stupa an, dann biegen wir in eine der Gassen ab, die gar nicht mehr so ordentlich-touristisch sind, und verbringen ein paar schöne Stunden miteinander. Nachmittags falle ich dann ins Bett – ich bin seit 30 Stunden wach und schlafe fast bis zum nächsten Morgen durch.

 

Nach dem Frühstück geh es dann in die weiterführende Schule, in die mittlerweile 2 unserer Mädchen gehen. Zunächst spreche ich den Schulleiter Tsewang, ich werde mit Tee und Khata, dem tibetischen Schal, begrüßt. Es geht um die Kontaktpflege, außerdem möchte ich zeigen, dass wir uns nach wie vor um unsere Kinder kümmern und als Ansprechpartner bereit stehen. Die Leistungen unsere beiden Kinder waren das Jahr über gut bis exzellent, ich habe das verfolgt und mich sehr gefreut, dass auch Kushi der Übergang in die große Schule gelungen ist. Tashi ist schon das 2. Jahr in Kathmandu. Wir besprechen uns eine Weile, dann bitte ich Tsewang die Mädchen zu holen. Etwas schüchtern stehen sie vor mir, mein erster Blick gilt dem Pflegezustand, mittlerweile weiß ich, was alles in Nepal möglich ist. Aber die Zwei sind sauber und ordentlich, die deutsche Mutter in mir hat nichts zu bemängeln 😊. Ich gebe ihnen die Mitbringsel und spreche ein wenig mit ihnen, mittlerweile verlässt Tsewang den Raum. Das hat er letztes Jahr noch nicht gemacht und bewerte das sehr positiv, er hat ein gutes Auge auf die Kinder und passt auf sie auf. Es gibt viele Sponsoren aus dem Westen, die mitunter einen befremdlichen Umgang mit den Kindern haben. Nach einiger Zeit gehe ich wieder und bin sehr zufrieden mit der Entwicklung von Tashi und Kushi. 

 

Zurück im Hotel wartet Dawa bereits auf mich, wir freuen uns beide sehr, uns wieder zu sehen, vor der herzlichen deutschen Umarmung steht jedoch ein etwas zurückhaltenderes Namaste mit vor der Brust aneinandergelegten Händen und, natürlich, bekomme ich einen Khata umgelegt. Dann gehen wir los, zuerst Mittagessen, dann kaufen wir Spielsachen für die Kinder. Ich sehe HoolaHoop Reifen, die möchte ich auch, Dawa findet das Quatsch. Ich weiß aber, dass er mi fast nie einen Wunsch abschlägt, und so verlassen wir das Geschäft mit Bällen, neuen Badminton Schlägern, Springseilen – und 2 leuchtend bunten HoolaHoop Reifen. Weiter geht es zu einem Obstladen, die Kinder sollten mir ihr Lieblingsobst nennen, das bringe ich ihnen mit. In den Bergen steht Obst nicht auf dem alltäglichen Speiseplan, und ich finde es sinnvoller als Schokolade. Mit 12kg Obst verlassen wir auch dieses Geschäft, wir haben Äpfel, Bananen, Weintrauben, Orangen, Kiwis, Papaya und Ananas besorgt, nur Mango hat keine Saison. Damit ist meine Zeit in Kathmandu auch schon um. Ich freue mich, wenn ich in diesem lauten, bunten und fröhlichen Treiben ankomme und tauche gerne ein in den ungeordneten Verkehr, das Chaos und das freundliche Miteinander. Aber ich freue mich genauso, diesem lärmenden, staubig-dreckigen Gestank voller Armut entkommen zu können.

Durch die Vororte geht es am nächsten Tag langsam Richtung Norden in die Vorberge, und als wir an einem Militärcheckpoint, der die Grenze der Region Kathmandu und der Region Trishuli markiert, anhalten, sieht man ihn das erste Mal, schneebedeckt und wunderschön: der Himalaya. Ich fühle mich erinnert an die Skifahrten mit Freunden, wenn man am Bodensee über die Kuppe fährt und hinten in der Schweiz, über den See hinweg das erste Mal die Alpen sieht 😄. Und wieder: so anders ist das hier gar nicht. Nur isst man halt die Linsen nicht mit Spätzle und Saitewürstle, sondern mit Reis und Tarkari, dem Nepali Curry. Also, mit Blick auf das höchste Gebirge der Welt geht die Fahrt weiter, bis ich irgendwann Dhunche erkenne, die größte Stadt im Bezirk Rasuwa, zu dem auch Khangjim gehört. Ab hier kenne ich mich aus! Baldnsind wibauch schon in Syaphru Besi und halten bei Baisano, unserem Fahrer der Krankentransporte, an. Wir sammeln Kami, Dawas Frau, ein, sie war bei einer Hochzeit. Spâter lerne ich, dass auch in Nepal während des Frühlings Hochzeits- Saison ist, als mir mein Wirt Tashi 6 Hochzeitseinladungen vorlegt. Auch wieder nicht anders als bei uns, ich sage nur „Linsen“. 

Die Fahrt geht den Berg hoch, der Jeep rumpelt über die Gesteinsbrocken, verliert den Halt pflügt durch kleine Bäche, dann sind wir in Khangjim. Endlich, im mehrfachen Sinn. Mich begrüßen altbekannte Gesichter, ich bringe mein Gepäck schnell aufs Zimmer, dann laufe ich die Treppen runter zu meinen Kindern. Sie stehen ordentlich aufgereiht, mit Schal und zeremoniellen Getränken, ich lasse die nepalesische Begrüßung über mich ergehen. Dann endlich, den Hals voller Schals, darf ich meine Kinder in den Arm nehmen! Ich habe mich so auf sie gefreut! Phurpus Frontzähne sind nachgewachsen, dafür fehlen sie bei jetzt bei Ngawang. Tsering Dolmar und Palmu erzählen mir, wie lange sie schon gewartet haben auf mich, Yangzom schaut zuerst kritisch-überlegend, wie immer, dann umarmt sie mich sehr fest. Meine Kinder, 14 strahlende Gesichter, viele Hände, die mich anfassen. „Your Hair is so Long, you have curls!“ „You have the same shoes like last year“ „Yes, but different Jacket!“ „Simone Sister, we missed you!“ Es ist schön, wieder hier zu sein. 

 

In den kommenden Tagen gibt es erstmal einige Gespräche, mit Dawa und unserem neuen Kinderhaus-Leiter, Pramod. Dawa hat sich nach langem Suchen für ihn entschieden, er ist selbst Vater, spricht English und überrascht mich mit einem sehr liebevollen Umgang mit meinen Kindern. 

Nach den ersten paar Tagen in Khangjim bin ich im Großen und Ganzen sehr zufrieden, außerdem fühle ich mich, als wäre ich gar nicht weg gewesen. Und so sitze ich in Pasangs Küche, bei Linsen ohne Spätzle, trinke mit Kami Tee und bringe meine Kinder ins Bett. Dass ich mit Dawa Motorrad fahre werde ich hier nicht erwähnen. Ab Montag beginnt die richtige Arbeit.

Es ist gut, wieder hier zu sein!